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Material für Schulen

Quellen

Mit dem Begriff «Quelle» bezeichnen HistorikerInnen all diejenigen Objekte und Texte, welche Zugang zur Vergangenheit gewähren. Dies können Gegenstände, wie z.B. Kelche, Münzen, Waffen, oder Bilder sein, die aus der Zeit stammen, die man untersuchen will. Auch wenn prinzipiell alles Historische als Quelle dienen kann, so stellen Texte doch den weitaus grössten Teil dar.

Wichtig zu beachten ist, dass nur historische Texte (und Objekte) als Quellen bezeichnet werden. Moderne Texte, welche sich mit historischen Themen beschäftigen, wie z.B. Geschichtsbücher oder auch diese Webseite, sind keine Quellen, sondern werden als Sekundärliteratur bezeichnet.

«Überrest-» und «Traditionsquellen».

Man unterscheidet häufig zwischen sogenannten «Traditions-» und «Überrestquellen». Als «Traditionsquellen» werden dabei historische Objekte und Texte bezeichnet, welche speziell angefertigt wurden, um der Nachwelt ein bestimmtes Bild zu übermitteln. Typische Beispiele für diese Quellengattungen sind Chroniken oder auch Denkmale, die z.B. an eine gewonnene Schlacht erinnern. 

Als «Überrestquellen» werden solche Dokumente und Gegenstände bezeichnet, die durch Zufall auf uns gekommen sind und welche, vermeintlich, objektivere Einblicke in vergangene Zeiten gewähren. Beispiele für solche Quellen können z.B. private Briefe, Einkaufslisten und Alltagskleider sein, aber auch Gerichtsakten und offizielle Erlässe.

Zwar ist es wichtig zu unterscheiden, mit welcher Art von Quelle man zu tun hat (s. Quellenkritik), aber der Übergang zwischen den beiden Quellenformen ist oftmals fliessend.

Überlieferung

Wie sind Texte und Gegenstände, die manchmal viele hundert Jahre alt sind, auf uns gekommen? Die kurze Antwort auf diese Frage lautet sicherlich: Zufall. Etwas umfassender formuliert kann man sagen, dass nur ein geringer Bruchteil an Gegenständen und Dokumenten aus vergangenen Zeiten dieselben überdauert haben. Und je ferner die Vergangenheit, desto geringer der Umfang an überlieferten Quellen.

Für das Mittelalter sind Klöster besonders wichtige Orte der Überlieferung. In den klösterlichen Skriptorien wurden religiöse, philosophische, aber auch literarische Texte kopiert. Die Bibliotheken der Klöster waren oftmals umfassend – Medizinbücher waren hier ebenso zu finden wie Rechtstexte. Die Literatur des Ovid, die Schriften des Caesar, aber auch der frühen christlichen Denker wie – Augustinus sind uns heute nur bekannt, weil sie in Klöstern immer wieder kopiert wurden und z.T. von diesen an vermögende Privathaushalte verkauft wurden.

Nach der Auflösung eines wichtigen Klosters wurde dessen Bibliothek und Archiv oftmals von anderen Institutionen übernommen. Seit dem späten 18. Jahrhundert waren dies vermehrt die überall entstehenden staatlichen Archive. Auch heute noch werden dort historische Quellen aufbewahrt und sind der Öffentlichkeit – mit gewissen Einschränkungen – zugänglich. Neben staatlichen und städtischen Archiven besitzen auch Museen und private Archive viele historische Artefakte.

Quellenkritik

Für HistorikerInnen ist es wichtig, möglichst viele zusätzliche Informationen über eine Quelle zu haben, um diese besser einordnen zu können. Denn unsere Quellen wurden nie verfasst, um der Nachwelt ein möglichst neutrales Bild der eigenen Zeit zu vermitteln, sondern höchstens, um ein bestimmtes Bild zu vermitteln. Die Einordung einer vorliegenden Quelle in Traditions- oder Überrestquelle (s. oben) ist daher häufig ein erster Schritt.

Soweit möglich versuchen HistorikerInnen festzustellen, wer eine Quelle verfasst hat und warum (was war die Motivation?); auch wann und wo (also die Etablierung des direkten geographischen und soziopolitischen Kontextes) sind wichtige Schritte der Quellenkritik. So macht es z.B. einen grossen Unterschied, ob ein Text über die Geschichte Palästinas in Nazi-Deutschland entstanden ist, im heutigen Israel oder im heutigen Palästina. Gleiches gilt für die Auflistung der traditionellen Rechte eines Klosters – wenn diese im Rahmen eines Konfliktes entstanden sind (will hier also evtl. jemand Rechte verteidigen, die ihm abgesprochen werden, oder aber Rechte für sich beanspruchen, die er eigentlich nicht hat?) oder werden hier z.B. anlässlich des Herrschaftsantritts eines neuen Königs die Rechte, wie üblich neu bestätigt, oder handelt es sich um eine Fälschung, um z.B. vermeintlichen Ansprüchen auf ein Territorium eine historische Tradition zu geben?

Anders gesagt, es ist wichtig festzustellen, ob der vorliegende Text / Urkunde eine Verteidigung, Propaganda, Fälschung oder ein schlichter Rechtsakt ist. Diese Einordnung nennen HistorikerInnen Quellenkritik. Dieser Schritt, der essenziell für das historische Arbeiten ist, macht diese ein wenig vergleichbar mit Detektivarbeit.

AM

Weiterführende Literatur:

A. v. Brandt, Werkzeug des Historikers 2013 (1958), S. 48-63.

S. Jordan, Einführung in das Geschichtsstudium, 2013, S. 111-122.

Gründungsurkunde Notre-Dame de Soissons

Französische Zusammenfassung der lateinischen Gründungsurkunde samt wichtiger Rechte der Abtei Notre-Dame de Soissons im Kartular der Abtei. Französische Zusammenfassung stammt aus dem 18. Jahrhundert. Weiter hinten im Kartular befindet sich eine ausführliche spätmittelalterliche Kopie der lateinischen Urkunde. Das Originaldokument ist heute verloren. Evtl. handelt es sich um eine hochmittelalterliche Fälschung – die umfangreichen Freiheiten erscheinen zumindest ungewöhnlich für die Zeit der Gründung.

Abschrift ms. Archives départementales de l’Aisne H 1508  1506, S. 1-3; spätmittelalterliche Kopie fol. 34 r-35 v.

Notre-Dame de Soissons Gründungsurkunde Abschrift Text
Notre-Dame de Soissons Gründungsurkunde Abschrift Text
Notre-Dame de Soissons Gründungsurkunde Abschrift Text

Bilder aus: ms. Archives départementales de l’Aisne H 1508  1506, S. 1-3; spätmittelalterliche Kopie fol. 34 r-35 v.

Abschrift

Lettres de Drausin Evêque de Soissons,
par lesquelles a la priere d’Ebroüin
Maire du Palais du Roy Clotaire, de Leutrude sa femmes de Bovo son
fils, et de plusieurs Eveques,
Il veut que L’abaye des Relligieuses
de notre Dame dud. Soissons, Joüisse
des memes privileges, libertés et
Exemptions dont joüissoient les
Monasteres de St. Maurice,
de Lerins de Luxeüil Et de St. Marcel
de Châlons,

Qu’elles possedent paisiblement
Tout ce qui leur a esté donnée par led.
Ebroüin. Leutrude et Bovis leur fils, par
les Roys et Princes et par tous les
fidelles, sans qu’aucun Ecclesiastique,
Evêque, nj meme le Roy, puissant
rien prendre ou retrancher de ce qui leur
a esté donné et destiné pour l’usage
desd. Relligieuses.

Que quand L’abbesse Mourre
La Communauté en Elise une autre
du nombre desd. Relligieuses Laquelle
porra se faire benir par tel Evêque
que bon luy semblera et a lad. Communauté
sans povoir par led. Eveque rien Exiger
pour la Ceremonie de lad. benediction,

Que personne ne pourra Entrer
dans les Lieux Reguliers de lad. Abaye
qu’avec la permission de Madame L’abesse
et de la Communauté et pour affaires de leur salut,

que Si quelque Seculier, Entre dans lad.
abaye, jl n’y pourra, boire nj manger,

que lorsque L’Evêque seul ou avec son
Clergé y se rendroit, pour y faire des prieures ou pour y officiers, Il ne Recervoirt aucun
present desd. Dames Soit pour luy
Pour quelque Ecclesiastique ou pour
quelque Seculier,

et jl ne pourroit nj
aucun Ecclesiastique arreter dans l’abaye
sans quelque necessité Extraordinaire
a fin de ne pas troubler les Exercices
de Religion desd. Dames,

Lorsque quelque Religieuse
Commettroit quelque faute, la Correction
En appartiendroit a Madame L’abesse
Conformement a la Regle de l’ordre,

Lesd. Lettres données a Soissons
Le Sixieme des Kalendes de Juillet
L’an xi du Regne de Clotaire,

Signées
Dud. Drausin et de 18 Eveques

Übersetzung

Urkunde des Drausin, Bischof von Soissons,
durch welche er auf Bitten Ebroins,
Hausmeier des Königs Clothar III [von Neustrien], und Leutrude dessen Frau und Bovo dessen Sohne, und einiger Bischöfe, verfügt, dass die Abtei der Nonnen von Notre-Dame im besagten Soissons sich der gleichen Privilegien, Freiheiten und Befreiungen erfreuen, welcher sich die Klöster St. Maurice, Lerins, Luxeuil und St. Marcel von Châlon erfreuen.

Dass sie [die Nonnen] friedlich all das besitzen,
das ihnen von den besagten Ebroin, Letreude und Bovis, deren Sohn, von den Königen und Prinzen und all den Gläubigen gegeben wurde und das zur Nutzung der besagten Nonnen gegeben wurde, ohne dass ein Kirchenmann, Bischof, nicht einmal der König davon etwas nehmen oder abziehen könnte.

Dass wenn die Äbtissin stirbt, die Gemeinschaft eine andere aus der Zahl der Nonnen wählt. Diese [zur Äbtissin gewählte Nonne] kann sich von dem Bischof ihrer und der Gemeinschaft Wahl weihen lassen, ohne dass der besagte Bischof etwas für die Zeremonie der besagten Weihe verlangen kann.

Dass niemand das Klosterareal der besagten Abtei betreten darf, ausser mit Zustimmung der Frau Äbtissin und der Gemeinschaft und [nur] aus Gründen, die ihr Seelenheil betreffen.

Dass wenn irgendein Weltlicher die besagte Abtei betritt, er dort weder trinken noch essen darf.

Dass wenn der Bischof allein oder mit seinen Klerikern sich dort aufhält, um zu beten oder die Messe zu feiern, erhält er kein [hat er kein Anrecht auf ein] Geschenk der besagten Damen, weder für sich, für andere Kirchenmänner oder für irgendeinen Weltlichen.

Auch darf sich kein Kirchenmann in der Abtei, ohne besonderen Grund [länger] aufhalten, um die besagten Damen nicht in der Ausübung der Religion zu stören.

Falls irgendeine Nonne einen Fehler begehen sollte, so hat die Frau Äbtissin das Recht, diese zu bestrafen, wie es die Regeln des Ordens vorsehen.

Diese Urkunde wurde in Soissons gegeben, an den 6. Kalenden des Monats Juli im elften Jahr der Regierung Clothars [16. Juni 668]

Unterzeichnet:
Der besagte Drausin und 18 Bischöfe

Bestätigung der Landbesitzungen von Notre-Dame de Soissons

Bestätigung der Landbesitzungen von Notre-Dame de Soissons durch Karl den Kahlen, ausgestellt in Compiegne im Jahr 858.

Der Kopist verwendet durchweg die Vergangenheitsform, da es sich um die Zusammenfassung einer anderen Urkunde handelte und viele der genannten Besitzungen im 18. Jahrhundert z.T. nicht mehr im Besitze Notre-Dames waren. N.B. Dass die vermeintlich deutschen Ortsnamen transkribiert, aber nicht übersetzt sind.

Abschrift aus Archives départementales de l’Aisne 1508 , S. 3-6; fol. 33r-34r.

Bestätigung der Landbesitzungen von Notre-Dame de Soissons durch Karl den Kahlen, ausgestellt in Compiegne im Jahr 858.
Bestätigung der Landbesitzungen von Notre-Dame de Soissons durch Karl den Kahlen, ausgestellt in Compiegne im Jahr 858.
Bestätigung der Landbesitzungen von Notre-Dame de Soissons durch Karl den Kahlen, ausgestellt in Compiegne im Jahr 858.
Bestätigung der Landbesitzungen von Notre-Dame de Soissons durch Karl den Kahlen, ausgestellt in Compiegne im Jahr 858.

Bilder aus: Archives départementales de l’Aisne 1508 , S. 3-6; fol. 33r-34r.

Abschrift

Autres Lettres du meme Roy
Données a Compiegne confirmées par
Plusieurs Evêques et grand Seigneurs
Du Royaume, desquelles apert (?) que

L’abaye etoit composée de deux
Cens seize Religieuses
De 40 – soeur converses, de trente
Soeurs qui travailloient dans le tout
Et cent trente Servans qui etoient
Occupez tant qu dedans qu’au dehors
Dud. Monastere

Et qu’elles Joüissoient des terres Villages et Seigneuries de Pargny, Charly, Courmelles, Morchain, Ressons, Corsy, Nanteüil, aisy, Villeneuve, Billy, Chavirnon, Corcy, Acy, Troly, Courtegise, Sabna, et Choüy, et Coloisy,

Dans Rue de S.t pierre, douze maisons, dans la ville de Soissons, Vingt trois pieces de Vigne

et a Maurces distant de demy lieüe de Soissons de quatorze fermes Et de cinquante piece de Vignes,

Les Villages de Nesles et de Noyers avec soixante dixhuit fermes en le Village d’Autreche avec les dixmes tant des fruits que des animaux le revenu Lesquels lieux de Nesles et de Noyers et dixmes estoient reservez pour Madame Labesse
Afin de supporter sa charge et Son Etat.

Plus it est dit qu’on leur Donneroit Les Revenus des Villages et lieux cy Après, scavoir Guny, Collioles, Villers ou il y avoit quatree vingt manoirs, Trois Villages dans les pays du Maine Appelles Loudine, Taury, Caffie dans la Vaquene Joygnant la Ville d’Orleans, huit mano irs, Au dela dela (sic) loire

Les villages de Marignie et Poucy, Entre La Meusee et le Rhin Prez Cologne Cinquante neuf femes, Dans le Village d’Eggembach une Terre en fief avec les maisons qui en Dependent, dans le païs de Vaivres proche la Muse (sic) trente fermes, dans le Village d’Ardeshain Une
terre en fief ou il y avoit neuf fermiers

dans l’alsace cent dix fermes dans le Village de Mermendik, une terre en fief avec une maison et ses depednances ou il y avoit dix huit fermiers,

Dans le village de Marchelau une terre en fief ou il y avoit cent fremiers, Dans le Village de Chaudelic, une terre en fief avec une maison et l’Eglise Dans le Village d’hoduovin (?) une terre en fief avec une Maison en verger,

Dans le village de Brinslar une terre en fief avec une forest, dans le pays de Vorms le village appellée Zurachim avec le logis et huit charrettées de vin, Dans le village de Zarnpha un Logis avec deux charrettées de vin

Übersetzung

Eine weitere Urkunde des gleichen Königs, in Compiegne ausgestellt und bestätigt von mehreren Bischöfen und Grossen des Königreiches, die besagt, dass:

Die Abtei aus 216 Nonnen bestand: [nämlich] aus 40 Konversen, 30 Schwestern, die im ganzen Areal arbeiten und 140 Dienerinnen, die sowohl im Inneren als auch Äusseren des besagten Klosters beschäftig waren.

Und dass sie [die Nonnen] die Länder, Dörfer und Seigneurien von Pargny, Charly, Courmelles, Morchain, Ressons, Corsy, Nanteüil, aisy, Villeneuve, Billy, Chavirnon, Corcy, Acy, Troly, Courtegise, Sabna, et Choüy, et Coloisy besassen,

[und] in der Stadt Soissons, in der Rue St. Pierre: 12 Häuser, [ausserdem] 23 Stücke Weinacker.

Und in Maurces, eine halbe Lieue (c. 2 km) von Soissons entfernt gelegen: 14 Bauernhöfe und 50 Stücke Weinacker;

Die Dörfer Nesles und Noyers mit 78 Bauernhöfen im Dorf Autreche, mitsamt der Zehnten sowohl der Ackerfrüchte als auch der Tiere. Die Einnahmen dieser Orte Nesle und Noyers samt der Zehnten waren reserviert für die Dame Äbtissin, um für ihre Pfründe und Hofstaat aufzukommen.

Ausserdem heisst es [in der Urkunde], dass man den Nonnen die Abgaben der nachfolgenden Dörfer und Orte gab, nämlich: Guny, Collioles, Villers, mit 80 Herrenhöfen, drei Orte im Land von Maine mit Namen Loudine,
Taury, Caffie, in der la Vaquene neben der Stadt Orléans, jenseits der Loire: acht Herrenhöfe

Zwischen der Mosel und dem Rhein: die Dörfer Marignie und Poucy; in der Nähe Kölns: 59 Bauernhöfe, in dem Dorf Eggembach: ein Land als Lehen mit den dazugehörigen Häusern, im Land der Vaivres nahe der Mosel: 30 Bauernhöfe, im Dorf Ardeshain: ein Land als Lehen mit 9 Leibeigenen;

Im Elsass: 110 Bauernhöfe; im Dorf Mermendi: ein Land als Lehen mit einem Haus und dazugehöriger Gebäude mit 18 Leibeigenen.

Im Dorf Marchelau: ein Land als Lehen mit 100 Leibeigenen. Im Dorf Chaudelic: ein Land als Lehen mit einem Haus und der Kirche. Im Dorf Hoduovin: (?) ein Land als Lehen mit einem Haus im Obstbaumgarten.

In dem Dorf Brinslar: ein Land als Lehen mit einem Wald. Im Land von Worms: das Dorf genannt Zurachim mit dem Wohngebäude und 8 Karren Wein. Im Dorf Zarnpha: eine Unterkunft mit 2 Karren Wein.

Eid der Äbtissin Klara von Montfort

Deutsche Urkunde aus dem Kanonissenstift Buchau vom 31. Januar 1427. Darin enthalten die 16 Artikel der neu gewählten Äbtissin Buchaus Klara von Montfort (1426-1449). Die drei anhängenden Siegel stammen von Klara von Montfort, Graf Rudolf VII. von Montfort und Jakob I. Truchsess von Waldburg (fehlend).

Wenn eine Chorfrau in Buchau zur Äbtissin gewählt wurde, dann musste sie einen Eid auf diese 16 Artikel ablegen – daher wird diese Urkunde auch Aufschwörurkunde genannt. Deutlich wird in den 16 Artikeln, dass die Äbtissin, obwohl sie die Vorsteherin des Klosters ist, nur als Teil des Kapitels bzw. der Kapitelversammlung angesehen wird. Viele ihrer Rechte darf sie nur mit Absprache des Kapitels ausführen. In Buchau wurde viel Wert auf einen Mehrheitsentscheid gelegt – sozusagen eine Art von „Demokratie“.

Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/14 T 1 Nr. 154.

Abschrift

Wir, Frow Clär von Montfortt, von Gottes Gnaden Äpptissin tzu Buchow, dem Gotzhuss Sant Agustens Ordens, in Costentzer Bystum gelegen, verkunhend offentlichen und tund kunt menklichenn mitt Urkund dis Brieffs: 

Alls unser liebenn Frow, Frow Agnes von Tengen, säliger Gedächtnisse wiland, Äpptissin der ietz genantenn unsers Gotzhuss zu Buchow, von diser Welt schied und von Todes wegen abganen, dz wir do ze mal mit andern Chorfrowen und Chorherren unsers benempten Gotzhuss, durch besunderz Nutzes und fromen Willn, uns Gotzhuss nach Gewonhait und Ordnung unser Regel und Stattuten Capitel haltend. 

Und do in dem selben Capitel eimmuttenklich, ainhellklich und untzerworffenklich uberein komend und ze rät wurdend, dz wir Chorfrowen all gemeinklich und redlichen besunder schweren sölltend gelert Ayd zu Got und den Hailgen mitt gelerten Worten und uff gebotten Dingen wehli under uns egenannten Chorfrowen zu Buchow zu ainer Frowen und Apptissinen erwelt wurd, dz dieselb Frow sölti gentzlich, aygenlich, untzerworffenlich und ungefärlichen daz nach geschribn Sechtzehen stuk und Artikkel halten, vollfüren und leysten. Und darumb won wir obgenannte Clär von Montfort vonnsprechen dez heiligen Gaystes und Ordung dez almächtigen Gottes do ainmötenklich und gemanlich von dem selben Capitel oder von dem Merrentail nach Gewonhait unser Gotzhuss und Ordnung unser Regel und Statutten zu ainer Frowen und Äpptissinen erwelt und erhaben wurdend. 

Darumb bekken wir mit Krafft dis Brieffs, daz wir unbezwinclich, frylich und mit gantzen gutten Willn aynen rehten Ayd zu Got und den Hailgen, mitt uff gebotten fingern und mitt gelerten worten geschworen habend dieselbn stuck Pungten und Artikkel alls sy aygenlichen disenn Brieff begriffen und verschriben sind stärknklich, vestenklich unnd unzerbrochenlich ze haltend und ze volfürend, in gewärs. 

  1. Dz ist zu dem Ersten, wan ob die Chorfrowen und -heren dez Capittels unsers egenannten Gotzhuss zu Buchau, sy alln gemeinlich oder der Mertail under inen uberainkomed und ze Rät wurdend, an Sach ze schaffend und ze vollbringend durch unsers Gotzhuss Nutz willen, die selben Sach sollend wir nach unser vermigend furdern und nitt hindren on all gevärd. 
  2. Der ander Pungt und Artikel ist was Guttes von Fällen oder von Zinsen von dez Obgut unsers Gotzhuss Lutten gefallet, dz selb alles sol gevalln und gehören an den Buw des selben unsers Gotzhuss, allz ez och von alter her kummennt. 
  3. Der dritt Pungt und Artikkel ist dz man zu unserz Gotzhuss Capittel Insigel sol funf Schlüssel haben. Der selben Schlüssel dryn sollend haben und behalten dryge Frowen unsers Capittels und die ubrigen zwen Schlüssel sond haben zwen Chorherren dez selbn unserz Capittels. 
  4. Der vierd Pungt und Artikel ist, dz zur obgenannte Äptissin dehannen trager sollend noch mugend geben uber dehann uns Gotzhuss Gut on Rät unsers Capitels. 
  5. Der fünft Pungt und Artikel ist, dz wir obgenannte Äpptissin dz egenannte Capittel söllend und wöllend lassen by alln sinen Nutzen, allso was amme Capittel Nutz zu gevallen sind in vergangen Zitten untz an uns, dz sollen wir inen nit mindren. 
  6. Der sechste Pungt und Artikel ist, dz wir by unserm Gotzhuss ze Buchow beliplich söllend sin und söllend sesshafft und husshältlich da selb ze Buchow belibn, ez wär denn, daz wir von ernstlich Sach unsers Gotzhuss mit Rät unsers Capitels oder dez merren Tails unsers Capittels uns furbas zugend von dez obgenannten unsers Gotzhuss Nutz und fromen Wegen. 
  7. Der subent Pungt und Artikel, dz wir die Chorherren die ietzo sind by iren Pfrunden, Rehten und Gewonhaiten sollend lässen beliben und och by den Selgerätten nach der Brieff lut und sag on Irrung, Sperrung, Widertribn und all Widerred. 
  8. Der achtend Pungt und Artikel ist, dz wir unserz Gotzhuss Lehen des selben unserz Gotzhuss Luten soll odlichen tugendlich und beschaydenlich on ungewonlich schatzung. 
  9. Der nund Pungt und Artikel ist, dz wir chain Pfrund die Stym in unserm Capittel hat lihen sond ain [Textverlust] Capittel, dz wir daruber habn und beruffen sulend. 
  10. Daz zehend Pungt und Artikel ist, dz wir all unser Sachen die unser Ampt und die Apptig an Gut, wie sich die gefügend, die söllend wir usstragen und werben [Textverlust] unser ayger cost und brach an daz Capitel Schaden und Engelten. 
  11. Der aynlfft Pungt und Artikel ist, wär dz de kain Schatzung von unserm hailigen Vatter dem Bäpste oder von dem Byschoff uff stunde oder [Textverlust] standen wär untz her oder noch füro hin uff stundent, so sollend wir die selben Schatzung unserm Capittel helfen uffrichten, uff unser Aptig Nutzen nach gelichenn Tail uns und dem Capittel antzlegend. 
  12. Der zwelft Pungt und Artikel ist, dz die Ordnung die unser vorigen Frow dem Capittel getan hät im [Textverlust] solt wär allso sol beliben one alle unser Irrung und Widertribn. 
  13. Der drytzehend Pungt und Artikel ist, dz wir unsers Gotzhuss ze Buchow Reht haben söllend, allz kreftenblichen und vestenklichen allz wir migend und kunend, ungefärlichen näch unsers Capittels Rät. 
  14. Der viertzehend Pungt und Artikel ist, dz wir obgenannte Äpptissin niemer wir siynd Gesund oder Siech die hann gemächt söllend oder mugend getun von dehamlerlayg Erbes wegen, dz iemannd wer der fyge näch unserm Töd […] fyge von dem Gut, dz wir nach tod lässend, wan was wir nach Tod verkänd, dz sol gentzlichen werden ainer Frowen und Äpptissinen unsers Gotzhuss zu Buchow, die denn an daz selb Ampt nach unserm Hinschayden von diser Welt erwelt wirt. Ussgenomen unser Gewand und Klainot, was dz ist dz mugend wir wol ordnen fügen und zu schyben wem wir wellend, durch Got oder durch er-, wir siynd Gesund oder Siech in dem Tod Bett oder mitt on merklichs sperren Sinnen und undertriben wirf all on unser Silbergeschirr, dez händ wir och mit gewalt ze ordned, näch unserm Töd wan dz ez dem beliben sol einer kunftigen Frowen nach uns in dem Ampt und Apptyge. 
  15. Der funftzehend Pungt und Artikel ist dz wir dekainen Priestere, der by uns in unserm Gotzhuss ze Buchow gepfrundot und mitt pfrund beräten ist, niemer in unser aygen Kost noch zu unserm Amptman nemen sond noch wellend. 
  16. Der sehtzendt Pungt und Artikel ist, ob wir obgenannt Äpttissin wider ainen oder mer der vorgeschriben stuk Pungten und Artikel tun oder varen wöltend, so söltend die andern Chorfrowen ze Buchow da wider sin und ungefärlich mit Red und mitt Werken in Vermugend und Ernst dartzu tun, dz die obgeschriben Pungten und Artikel all stät und ungerbrochen blibend an iren Krefften und in alln den Rehten allz sy vor Räth enander beschribn und benempt sind. 

Und allz die Insigel gehenkt an disen Brieff, dar zu so habend wir ernstlich erbeten den wolgeboren und edeln Graff Rudolfen von Montfort und den edeln Her Jacoben den Truchsässen, unsern lieben Ohen, dz sy bayd zu ainer Getzugnust und Vestung der Warhait irn aygn Insigel offenlich gehenkt hand an disen Brieff, inen und iren Erben unschädlich. 

Diser Brieff ist geben an dem nächsten Fritag vor unser lieben Frowen Tag Purificationis in dem Jar do man zalt von Christ Geburt fiertzehenhunder Jar darnach in dem süben und zwantzigesten Jar. 

Übersetzung / Zusammenfassung

Ich, Frau Klara von Montfort, von Gottes Gnaden Äbtissin zu Buchau, dem Gotteshaus St. Augustinus Ordens, im Konstanzer Bistum gelegen, verkünde öffentlich und tue kund allen mit diesem Brief:

Als die letzte Äbtissin Agnes von Tengen verstorben ist, habe ich mit den anderen Chorfrauen und Chorherren Buchaus eine Kapitelversammlung gehalten.

In dieser Kapitelversammlung haben wir einstimmig entschieden, dass jene Chorfrau, die zur Äbtissin gewählt wird, einen Eid zu Gott und den Heiligen auf 16 Artikel leisten soll. Dies muss ich tun, da ich zur Äbtissin gewählt wurde.

Darum bekenne ich, mit Kraft dieses Briefs, dass ich freiwillig und mit gutem Willen einen rechten Eid zu Gott und den Heiligen geschworen habe, die Artikel, so wie sie in diesem Brief stehen zu stärken, ungebrochen zu halten und zu vollführen.

  1. Wenn die Chorfrauen und -herren des Kapitels etwas zum Nutzen Buchaus beschliessen, dann soll die Äbtissin dies fördern und nicht verhindern.
  2. Wie üblich sollen die Einnahmen, welche durch Gefälle und Zinsen vom Gut der Gotteshausleute eingenommen werden, für den Bau an Buchau verwendet werden. 
  3. Die fünf Schlüssel für das Kapitelsiegel sollen je von drei Chorfrauen und zwei Chorherren des Kapitels verwahrt werden.
  4. Die Äbtissin darf kein Lehen ausgeben ohne den Rat des Kapitels.
  5. Die Äbtissin soll dem Kapitel allen Nutzen, welchen es bisher hatte, belassen.
  6. Die Äbtissin soll in Buchau bleiben (Residenzpflicht) und Buchau nur im Auftrag des Kapitels Aufgrund von Angelegenheiten des Gotteshauses verlassen.
  7. Die Pfründen, Rechte und Gewohnheiten der Chorherren sollen von der Äbtissin unangetastet bleiben.
  8. Die Äbtissin soll die Lehen des Gotteshauses den Gotteshausleuten ordentlich verleihen ohne ungewöhnliche Taxierung.
  9. Ohne Zustimmung des Kapitels darf die Äbtissin keine Pfründe, die Stimmrecht im Kapitel hat, verleihen.
  10. Alle Angelegenheiten des Abbatiats und der Abtei, soll die Äbtissin auf ihre eigenen Kosten erledigen ohne Kosten für das Kapitel.
  11. Päpstliche und bischöfliche Schatzungen (Kosten) sollen zur Hälfte von der Abtei und zur anderen Hälfte vom Kapitel getragen werden.
  12. Die Ordnung der vorherigen Äbtissin soll bestehen bleiben.
  13. Die Rechte des Gotteshauses sollen mit Rat des Kapitels gewahrt werden.
  14. Alles was der Äbtissin gehört soll nach ihrem Tod an die künftige Äbtissin fallen. Ausgenommen davon ist ihr Gewand und Kleinod, worüber sie selbst entscheiden darf, wem sie es vererbt. 
  15. Die Äbtissin darf keinen Priester, der eine Pfründe in Buchau besitzt, in eigene Kost oder zu ihrem Amtmann nehmen.
  16. Falls die Äbtissin gegen diese Artikel verstösst, so sollen die anderen Chorfrauen zu Buchau, dies mit Worten und Taten verhindern.
Als die Siegel an diesen Brief gehängt wurden, da habe ich den wohlgeborenen und edlen Grafen Rudolf von Montfort und den edlen Herrn Jacob, den Truchsässen, meinem lieben Onkel, gebeten, dass sie beide zum Zeugnis und zur Festigung der Wahrheit, ihr eigenes Siegel öffentlich an den Brief hängen, aber ohne Schaden an ihnen und ihren Erben.

Dieser Brief wurde an dem nächsten Freitag vor Mariä Lichtmess in dem Jahr 1427 von Christi Geburt geschrieben. (
31. Januar 1427)

Die Gründungsurkunde Fraumünsters

Urkunde von König Ludwig dem Deutschen (c. 806-876) vom 21 Juli 853. 

König Ludwig schenkte dem Kloster Fraumünster und seiner Tochter Hildegard den Königshof und weiteren Besitz in der Stadt Zürich, ausserdem die königlichen Besitzungen in Uri und den Albisforst. In dieser Urkunde legt er auch eine Regel für das Frauenkloster vor und ernennt seine Tochter zur Äbtissin.

Staatsarchiv Zürich. Gedruckt in: Wyss, G. von, Geschichte der Abtei Zürich. Beilagen; Urkunden nebst Siegeltafeln, Zürich 1851/58.

Quelle Gründungsurkunde Fraumünster
Gründungsurkunde Fraumünster.
Kanton Zürich Staatsarchiv StAZH C II 2, Nr. 1
© Staatsarchiv Zürich

Abschrift

In nomine sanctae et individuae trinitatis. Hludovicus divina facentente gratia rex. Si de rebus terrenis quas divina sumus largitate consecuti ad loca sanctorum ob divinum amorem regium morem decenter implentes aliquid conferimus hoc nobis esse profuturum ad aeternae remunerationis praemia capessenda liquido credimus. 

Quapropter conperiat omnium fidelium sanctae dei ecclesie nostrorumque praesentium scilicet et futuroum industria qualiter nos pro serenissimi imperatoris avi nostri karoli et praestantissimi hludouvici augusti domni ac genitoris nostri. nec non et nostra sempiterna remuneratione. ac pro coniugis prolisque nostrae carissimae perpetua mercede curtim nostram turegum in ducatu Alamannico in pago durgaugense cum omnibus adiacentiis vel aspicientiis eius seu in diversis functionibus id est pagellum uroniae. cum ecclesiis domibus ceterisque aedificiis desuper positis. mancipiis utriusque sexus et aetatis. terris cultis. et incultis silvis. pratis. pascuis. aquis. aquarumve decursibus adiacentiis perviis exitibus et regressibus. quaesitis et inquirendis cum universis censibus. et diversis redibitionibus insuper etiam forestum nostrum albis nomine et quicquid in eisdem locis nostri iuris atque possessionis in re proprietatis est et ad nostrum opus instanti tempore pertinere videtur totum et integrum ad monasterium nostrum tradimus quod situm est in eodem vico turegum ubi sanctus felix et sancta regula martyres Christi corpore quiescunt.

Quod videlicet eo rationis tenore conplacuit nobis agendum ut deinceps in posterum ibidem omni tempore sanctimonialium feminarum sub regulari norma degentium vita conversatioque monasterialis monachicho cultu instituta celevretur et libentius propter huius loci supplementum a nobis iam praedictis martyribus dediti dei famulatus illic exhibeatur ac pro nostrae debitorumque nostrorum omnium mercedis augmento diligentius domini misericordia et uberius exoretur. 

Volumus etiam ut fidelium nostrorum noverit benivolentia quod paterna pietate commoniti supradictum monasterium cum omni integriate unacum nostra traditione in locis praefatis dilectissimae filiae nostrae hildigardae in proprietatem concessiumus ut quatum domino permittente valeat familiam in eodem monasterio domino militantem suoque dominatui subiectam disciplinis regularibus et observantiae monasterialis institutione corrigat et nutriat locaque ipsa sibimet concessa quantum vires suppeditent profectibus et emendationibus augmentando provehat et emendet. 

Denique iubentes praecipimus ut nullus iudex publicus nec comes vel quislibet et iudiciaria potestate in locis praefatis vel in cunctis rebus ad eandem loca respicientibus seu homines tam liberos quam et servos qui illic commanere videntur distringere aut infestare nec fideiussores tollendos aut ullas redibitiones vel freda aut bannos exigendo aut alicuius iniuriae vim ullo umquam tempore inferre praesumat sed sub nostra defensione et munitatis tuitione cum advocatis ibi constitutis res illae secure per diuturna tempora permaneant. 

Et ut haec auctoritas donationis atque confirmationis nostrae firmior habeatur et per futura tempora a cunctis fidelibus sanctae dei ecclesia nostrisque praesentibus et futuris verius credatur atque diligentius conservetur manu propria nostra subter eam firmavimus et anuli nostri inpressione adsignari iussimus.

Signum domni hludovici gloriosissimi regis.

Comeatus notarius ad vicem radleici recognovi et (L.S.)

Data XII. kld. augt. anno Christo propitio XX. regni domni hludouvici serenissimi regis in orientali francia Indictione prima. actum reganesburg civitate in dei nomine feliciter, amen.

Übersetzung

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Ludwig von Gottes Gnaden König. Wenn wir von den irdischen Dingen, die uns durch die göttliche Güte zu Teil geworden sind, aus Liebe zu Gott und die königliche Sitte geziemend zu erfüllen, an die Stätten der Heiligen schenken, so glauben wir klar, dass uns dies dafür nützlich sei, den Lohn ewiger Vergeltung zu erlangen.

Deswegen sei beim Eifer aller, der heiligen Kirche Gottes und uns Getreuer, gegenwärtiger und künftiger, kundgetan, wie wir zum Heil der Seele des allerdurchlauchtigsten Kaisers, unseres Ahnen Karl, und Ludwigs, unseres erhabenen Herren und Vaters, sowie unserer selbst, auch um des ewigen Lohnes unserer am meisten geliebten Gemahlin und Kinder willen, unseren Hof Zürich, gelegen im Herzogtum Alemannien im Lande Thurgau, mit allem, was bei demselben liegt, oder dazu gehört, oder anderswo davon abhängt ganz und vollständig unserem Kloster übergeben, welches auch im Flecken Zürich liegt, dort wo der heilige Felix und die heilige Regula, die Blutzeugen Christi, dem Leibe nach ruhen. Dazu gehören das Ländchen Uri, mit Kirchen, Häusern und andern darauf stehenden Gebäuden, mit Eigenleuten jeden Geschlechtes und Alters, mit bebautem und unbebautem Land, mit Wäldern, Wiesen und Weiden, mit stehenden und fliessenden Gewässern, Wegen, Ausgängen und Eingängen, mit Erworbenem oder zu Erwerbendem, mit allen Zinsen und den verschiedenen Gefällen, überdies auch unseren Wald, der Albis genannt wird, und alles, was an jenen Orten unseres Rechtes und Besitzes und Eigen ist und gegenwärtig uns gehört.

Der Beschluss hat uns gefallen, dass von nun an und in Zukunft daselbst jederzeit das Leben der geistlichen Frauen nach Vorschrift der Regel und in klösterliche Gemeinschaft, nach klösterlicher Sitte geordnet, gepflegt werde, und dass um der Ausstattung willen, womit wir diese, von uns den bereits vorgenannten Blutzeugen gewidmete Stätte bedacht haben, um so bereitwilliger Gottesdienst daselbst geübt und um so eifriger und reichlicher Gottes Barmherzigkeit und gnädiges Urteil über uns und alle unsere Sünde angefleht werde.

Wir wollen auch, dass unserer sämtlicher Getreuen Ergebenheit wisse, dass wir, bewogen durch väterliche Liebe, das vorgenannte Kloster mit Allem, was dazu gehört, und mit unserer Schenkung an den genannten Orten unserer am meisten geliebten Tochter Hildigard überlassen haben, damit sie, so viel sie das mit Gottes Gnade vermag, die Familie, die in dem genannten Kloster Gott dient und ihrer Herrschaft unterworfen ist, zu Übung der Regel und Befolgung klösterlicher Zucht anhalte, sie nähre und die ihr überlassenen Orte nach Kräften in Aufnahme und Verbesserung bringe, mehre und bessere.

Letztlich befehlen und ordnen wir an, dass kein öffentlicher Richter, noch Graf, noch irgendwer von richterlicher Gewalt an den genannten Stätten und Allem, was dazu gehört, weder Freie noch Eigene, die daselbst wohnhaft sind, anzufechten, zu beeinträchtigen oder Bürgen von ihnen zu fordern, oder irgendwelche Leistungen oder Bussen und Banngeld von ihnen zu verlangen, oder irgendwelche unrechtmässige Gewalt ihnen jemals anzutun, sich erlaube; sondern dass jenes alles unter unserm Schutz und festen Schirm, mit den Vögten, die daselbst gesetzt sind, auf immerwährende Zeiten verbleibe.

Und damit dies Zeugnis unserer Schenkung und Zusicherung desto stäter gehalten und in künftigen Zeiten von allen, der heiligen Kirche Gottes und unseren Getreuen, gegenwärtigen und zukünftigen, desto wahrer geglaubt und sorgfältiger bewahrt werde, so haben wir das mit unserer eigenen Hand darunter beglaubigt und mit aufdrücken unseres Siegelrings zu bezeichnen befohlen.

Das Zeichen des ruhmwürdigsten Herrn und Königs Ludwig.

Ich Comeatus der Notar unterzeichne als Stellvertreter des Radleicus.

Ausgestellt am 12. Tage vor Anfang August. Unter Christis Gnaden im zwanzigsten Jahr der Regierung des durchlauchtigsten Herrn und Königs in Ostfranken, Ludwigs, in der ersten Indiktion. In Regensburg der Stadt geschehen. In Gottes Namen, der uns gnädig ist, Amen.

Übergabe des Fraumünsters

Anordnung der Verurkundung und des Vollzugs der Übergabe der Fraumünsterabtei durch Bürgermeister und Rat von Zürich vom 5. Dezember 1524:

Bürgermeister und Rat von Zürich willigen ein, das Fraumünster mit all seinen Rechten und Gütern von Äbtissin Katharina von Zimmern zu übernehmen, dabei bleiben ihr aber einige Recht erhalten. 

Kanton Zürich Staatsarchiv StAZH B VI 249 (fol. 144 r-v).

Quelle Katharina von Zimmern Aufgabe Fraumünster Abtei
Quelle Katharina von Zimmern Aufgabe Fraumünster Abtei

Bilder aus: Kanton Zürich Staatsarchiv StAZH B VI 249 (fol.144r-v).

Abschrift

Mentag vor Nicolai, put. herr Walder, Rätt und burger.

Alss unser g(nedige) fraw Katerina abbtissin zu dem frowen münster ir ampt, sampt aller fryheit und gerechtikeit, minen herrn Bürgermeister rat und dem grossen rat, fry übergeben.

Dess willens söllichs mit brieff und sigel uff zerichten. Söllichss habent unser herrn zu dank angenommen und lassent beschehen, dass die brieff unverzogenlich gemacht werdent. des glych sol genante fraw, in irem huss blyben. Und nach aller nottürfft och nach allen Eeren genügsamlich ir läben lang versähen werden. 

Der ämpter halb, lasst man Schultheiss epfinger, dess glychen den amman fryen, by iren ämptern blyben. der andern ämpter halb, war man villicht hinfür nit mer notturfft sin.

Übersetzung / Zusammenfassung

Montag, vor Nikolaus (5.12.1524), Prokurator Herr Walter, Rat und Bürger.

Unsere gnädige Frau Katharina von Zimmern, die Äbtissin des Fraumünsters, hat ihr Amt, mit allen Freiheiten und Rechten, dem Herrn Bürgermeister und Rat, sowie dem grossen Rat mit freiem Willen übergeben.

Deswegen muss darüber Brief und Siegel gemacht werden. Das haben die Herren dankend angenommen und befehlen, dass dies unverzüglich geschehen soll. Ausserdem soll Katharina von Zimmern in ihrem Haus weiterhin wohnen dürfen. Mit allem was sie dort bedarf und auch nach allen Ehren ihr Leben lang.

Die Ämter des Schultheiss und auch des Ammanns sollen besetzt bleiben. Die anderen Ämter werden vielleicht nicht mehr gebraucht.

 

Der Brief der Regula Keller

Brief der Regula Keller (1497-1573), einer Nonne aus dem Kloster St. Katharina in St. Gallen.  

Regula war Buchmeisterin und rettete im Zuge der drohenden Auflösung ihrer Gemeinschaft durch die Reformation zahlreiche Handschriften, indem sie diese in umliegende Nonnenklöster versendete, die nicht von der Reformation betroffen waren. 

St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 991, S. 2.

Quelle, Brief der Regula Keller aus dem St. Katharinen Kloster in St. Gallen
Brief der Regula Keller. St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 991, S. 2.

Abschrift

In gott min grutz und was ich gutz vermocht wer ich alweg gen üch bereit andechtige liebe mutter in dem schwoster hus zu apenzel. 

Ich schwester Regel Kellerin kloster fraw zu sant katrinen in sant gallen stat, schik üch tzwey bücher, eins heist dz baradis der sel oder dz tugend buch dz ander die geistlich gmachelschaft der sel mit gott und ist dz die ursach:

es ist umerdar etwas unru by uns dz mir müsend sorgen dz wir glicht umb soliche ding komind darum so lich ich uchs dz ir darin lesind und sy bruchind zu nutz unsren selen so lang bis daz ein schwester unsers koffent soliche bücher wider von uch erfordret. 

und bit üch daz by ir weled schaffen dz sy suber gehan werdind und dz mans niemand in unsrem kloster sag dz ich uchs gelichen hab es weis niemant nut drum den schwester katrin ich bin buch meisterin und furcht mir kumend dazu und han doch nit torfen ein urlob darzu nen. 

legend dz brieffly in dz ein buch ob etwar under uch sturb dz man wussty war die bücher hortind und bittend gott fur uns. fraget in aber niemand me nach dz unser koffent zergieng und die frowen all sturbind so behebend ir die bücher.

Übersetzung / Zusammenfassung

In Gott mein Gruss und was ich Gutes für euch tun kann, würde ich jederzeit tun, andächtige, liebe Mutter im Schwesternhaus zu Appenzell.

Ich Schwester Regula Keller, Klosterfrau in St. Katharina in der Stadt St. Gallen, schicke euch zwei Bücher, eines davon heisst „Paradies der Seele“ oder das „Tugendbuch“, das andere heisst „Die geistliche Hochzeit der Seele mit Gott“ und dies ist der Grund dafür:

Es gibt hier ständig Unruhen, dass wir fürchten müssen diese Dinge zu verlieren. Darum leihe ich es euch, dass ihr darin lesen könnt und sie gebrauchen könnt, zum Nutz eurer Seelen, so lange bis eine Schwester unseres Konvents wieder diese Bücher von euch fordert. 

Und ich bitte euch darum, sie sauber zu halten und dass ihr niemandem in unserem Kloster sagt, dass ich sie euch geliehen habe, denn es weiss niemand davon, ausser Schwester Katrin; denn ich bin eine Buchmeisterin und habe nicht um Erlaubnis gebeten.

Legt diesen Brief in eines der Bücher, damit man weiss, falls jemand von euch umkommt, wohin die Bücher gehörten. Und bittet Gott für uns, aber fragt niemand hiernach, denn sollte unser Konvent vergehen und alle Frauen sterben, so werdet ihr die Bücher haben. 

Das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem des Mittelalters

Die Lehnspyramide

Die mittelalterliche Gesellschaftsordnung kann schematisch als eine Pyramide dargestellt werden, deren Mitglieder zwar streng hierarchisch und nach Stand getrennt waren, aber in einer wirtschaftlichen, militärischen, etc. Beziehung zueinander standen.

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